Mittwoch, 29. Juli 2015

Warum niemand gern mit Müttern essen geht

Wenn man den größten Teil des Tages allein mit einem Baby verbringt, wird man gelinde gesagt etwas wunderlich. Im Prinzip ist es nicht viel anders als bei Tom Hanks und seinem Volleyball in „Castaway“, nur dass der Volleyball im Gegensatz zu einem Kleinkind angenehm unmobil und brüllarm war.

So lange man mit den lieben Kleinen alleine ist, ist das noch nicht weiter schlimm, schließlich wissen die Zwerge ja noch nicht, dass es nicht sozial akzeptiert ist, den ganzen Tag laut Selbstgespräche zu führen und zwischendurch immer mal wieder wie ein Tourette-Kranker „Guckuck, ja guckuck, Schatzi!“ in den Raum zu rufen. Bedenklich wird es erst, wenn man sich ausnahmsweise mal ohne Kind unter erwachsene Menschen mischt, sich aber trotzdem weiter so benimmt, als wäre der kleine Fratz dabei.

Das geschulte Auge erkennt solche Mamis-Allein-im-Restaurant bereits daran, dass sie ihr Essen trotz abwesendem Kind innerhalb von fünf Sekunden in sich hineinschaufeln oder aus der Handtasche statt der Geldbörse eine rote Rassel ziehen. Unangenehmer wird es schon, wenn man bei solchen Ausflügen in die wirkliche Welt aus lauter Gewohnheit zum Beispiel vergisst, im Restaurant die Klotür nicht wie zu Hause weit offen stehen zu lassen. Das deutlichste Anzeichen für hochgradigen Babywahnsinn sind jedoch leider die vollkommen stumpfsinnigen Dinge, die man ungewollt die ganze Zeit von sich gibt.

Fällt jemandem am Tisch etwas hinunter, ruft man laut „Bummstinazl!“, muss jemand niesen oder husten, gurrt man reflexartig „Hatschi, hatschi!“ oder „Kutz, kutz, kutz!“. Leider beschränken sich die geistigen Ausfälle aber nicht nur auf kurze Zwischenrufe, sondern dehnen sich oft auf ganze Gesprächspassagen aus. So tendiert man als frisch gebackene Mama gern dazu, generell in seltsam süßlich-hoher Stimme zu sprechen, alles zu wiederholen und jeden Satz mit der Frage „Gell? Sollen wir das machen?“ zu beenden.

Sollten Sie mich also irgendwann im Restaurant dabei beobachten, wie ich mich hinsetze, mir oder jemand anderem am Tisch eine Spuckwindel umbinde und dann zur Kellnerin sage „Guckuck, ja bringst du mir ein Schnitzi, bitte? Neinnein, niiiicht das vom Schweindi, oinkoink, das vom Pipihenderl, gell? Sollen wir das machen?!“, dann rufen Sie doch einfach ganz still und leise für mich die Herren mit der weißen Jacke. Danke.

Donnerstag, 9. Juli 2015

It's Super Mom!

Könnt ihr euch noch an unseren Artikel zum Super Mom Moment erinnern? Die wunderbare Julia Gebhardt hat sich davon zu dieser superheldastischen Illu inspirieren lassen - speziell für alle Super Moms da draußen!


Mittwoch, 1. Juli 2015

Streng hygienisch

Ich möchte hier mal ein Plädoyer für die Hygiene halten. Ich mag Hygiene. Oder etwas moderner: Hygiene, I like! Ich habe zwar gelernt, dass das ständige Desinfizieren der Hände zur Folge hat, dass die natürliche Schutzschicht der Haut verloren geht, dennoch finde ich es durchaus angebracht und keineswegs übertrieben, die Türklinke unseres Unisex-Büroklos nur mit einem Papiertuch anzufassen. Besonders wenn ich höre, dass aus der anderen Kabine jemand kommt, der aus akuter Eile oder Gewohnheit nicht den Wasserhahn betätigt, obwohl er nach einer offensichtlich längeren Sitzung (ich muss es wissen, da ich ja selbst gerade im Kopf eine 34-seitige Präsentation auf der mit drei Lagen Klopapier ausgelegten Klobrille rezitiere) auf gut Deutsch gerade „einen abgeseilt“ hat.

Umso erstaunlicher ist es, dass ich quasi mit Geburt meiner Tochter alle international anerkannten Regeln und guten Vorsätze der Hygiene über Bord warf – wie so viele andere Mütter auch. Ein Beispiel: Bevor ich mit meiner Tochter niederkam, war ich fest entschlossen, ihren Schnuller jedes Mal, wenn er auf den Boden fiel oder sie ihn wie so oft zum Spaß durch die Gegend spuckte, in den Vaporisator zu stecken. Trotz einer ansehnlichen Batterie an Ersatz-Schnullern in der Wickeltasche, Hosentasche, Manteltasche und quasi jeder noch so kleinen Öffnung meines Outfits (plus unter den Achseln), gelang es mir allerdings nicht, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Zunächst suchte ich noch nach dem nächsten Wasserhahn, nach ein paar Wochen aber gab ich endgültig auf und infizierte meine Tochter aus reinem Selbstschutz mit dem Karies der eigenen Spucke, indem ich das grausige Ding einfach selbst abschleckte.

Gott sei Dank habe ich übrigens erst nach der Schwangerschaft erfahren, dass Karies durch Spucke übertragen wird. Das Wissen über die genaue Herkunft der fiesen Bakterien-Monster aus der Colgate-Werbung hat mir nämlich das Küssen mit meinem Mann irgendwie ein für allemal auch in den leidenschaftlichsten Momenten versaut! Ich überlege insgeheim immer noch, deswegen Klage einzureichen. Wenn Karies nämlich wirklich vor allem durch Speichel übertragen wird, sollte das ganz oben im Lehrplan im Biologieunterricht stehen! Dann hätte ich nämlich in meiner Jugend bestimmt nicht mit so vielen Typen arglos nur zum Spaß geknutscht! Mein Zahnarzt könnte sich dann vielleicht heute auch nicht dank mir und meiner Keramik-Füllungen ausgedehnte Ferien auf den Bahamas leisten, hrmpf!

Anderes Beispiel: Hatten wir uns nicht alle geschworen, nicht so zu werden wie unsere Mütter, die sich einfach den Daumen abschleckten, um uns die Schoki von der Backe zu kratzen? Na, haben Sie‘s geschafft?? Eben!

Oder: Was genau tun Sie, wenn Sie mit ihrer Tochter bei Schneesturm mit dem Auto unterwegs sind und sie just in dem Moment, als Frau Holle den sechsten Gang einlegt, dringend das Bedürfnis äußert, ihre Notdurft zu verrichten? Ich für meinen Teil fahre dann irgendwo ran, ziehe der Kleinen mit geübtem Griff die Hose runter und kommandiere: „Los, jetzt oder nie!“. So weit, so gut, es hätte auch schlimmer, sprich „groß“, kommen können. Blöd nur, wenn die kleine Prinzessin dann unter Tränen bettelt „Aber Mama bitte nicht Hosi nass machen!“ und natürlich die Taschentücher (falls überhaupt vorhanden) ganz weit hinten im Handschuhfach (das noch dazu beizeiten klemmt) liegen. Ja, ich gestehe, ich versuche dann – wenn  auch unter innerem Protest meines früheren Ichs – die  unvermeidlichen Resttropfen mit einer schnellen Handbewegung zu entfernen. Und jajaja, ich greife dann anschließend brav in den frischen Pulverschnee, um mich notdürftig zu säubern, aber wenn zuhause dann der Postbote vor der Tür steht und mir partout per Handschlag ein frohes neues Jahr wünschen möchte, sag ich auch nicht nein!

Mathematisch betrachtet steigt der Sauberkeitsverlust anscheinend direkt proportional zu der Anzahl der Kinder wie mir eine befreundete Dreifach-Mutter einst am Spielplatz verriet: Beim ersten Kind wischt man dem Kind noch die Hand ab, wenn es im Sandkasten das dreckige Fäustchen in den Mund steckt. Bei zweiten schaut man einfach weg, als wär nix. Beim dritten fragt man sich insgeheim, ob man am Abend überhaupt noch kochen soll.

Scheinbar geht einem als Mutter im Laufe der Kindererziehung aber nicht nur jegliches Gefühl für Hygiene verloren, sondern auch jedwedes Schamgefühl. Ich sage nur: offene Klotür! Am Anfang kann man sich ja noch damit rechtfertigen, dass man bei geschlossenem Lokus überhören könnte, wenn das Kind schreit (als wäre das bei der Dezibelstärke – des Kindes meine ich! – überhaupt möglich…), aber spätestens wenn einem das eigene Kind eifrig zuruft „Weiterdrücken, Mama, ich seh‘s schon kommen, braaavvvve Mammmmaaa!“, weiß man, dass man auch sein letztes, heiliges bisschen Intimität verloren hat.

Wir stellen also einen absoluten Verlust von Hygiene, Schamgefühl und Intimität fest. Was als nächstes kommt, fragen Sie? Zu guter Letzt folgt die Würde. Wie sonst ist es erklärbar, dass ein Dutzend moderner, aufgeklärter Frauen in einem knöcheltiefen, reichlich eingepissten Wasserbecken beim Babyschwimmen fröhlich „Tsu Tsu Tsu, der Zug ist da, wir fahren nach Amerika“ trällern und sich dabei einreden, die kleinen Kackbällchen, die gefährlich nah an einem vorbeituckern, wären Teilchen eines Filzballes, den die Kursleiterin beim letzten Mal benutzt hat, obwohl der Bademeister schon nervös mit Kescher und Probebecher am Beckenrand hantiert?!