Mit der Volksschule verhält es sich bei mir ein bisschen so wie mit meinen Kindern: Ich liebe sie, aber manchmal treiben sie mich an den Rand des Wahnsinns. Man muss ja sagen: zum Glück ist mir der erste Teil in Bezug auf die Bildungseinrichtung überhaupt bewusst geworden, denn vor dem Lockdown war meine emotionale Bindung zur Schule ungefähr so stark wie zu einer Packung Tiefkühlerbsen. Aber siehe da: Nur ein paar Wochen mit einem Erstklässler T, R und L lernen, lustige Dosenfiguren basteln und Rechenplättchen legen – und schon war ich nahezu verliebt in das Konzept Schule!
Also wie gesagt: grundsätzlich Schule – mega, Lehrerinnen und Lehrer – mega, Werk- und Bastelaufgaben außerhalb meiner eigenen vier Wände – mega. Aber so ziemlich jede Mama mit Volksschulkind wird mir zumindest hinter vorgehaltener Hand zustimmen, dass die Schule einem manchmal den letzten Nerv raubt.
Denn obwohl es eigentlich dein Kind ist, dass die Schule besucht (und nicht du) bist es du (und nicht dein Kind), die sich deswegen die Haare rauft. Und ja, bevor ich hier den emanzipierten Papas auf die Zehen trete: Ich seid mitgemeint. Aber wirklich nur, wenn ihr in der Früh dann nicht trotzdem eure Frau fragt „Schaaatz, die Sachen für dieses Ausflugs-Dingbums heute hast du eh schon hergerichtet, oder?“.
Denn beizeiten ist der Schulbesuch eines Kindes für Mütter sowas wie ein eigener Teilzeitjob. Was natürlich besonders lustig ist, wenn man eigentlich schon einen eigenen Teil- (oder Voll-)zeit Job hat! Und dabei rede ich jetzt noch nicht mal von dem normalen Wahnsinn unter dem Jahr. Von der Hausübung, die man dem Nachwuchs mit Blut, Schweiß und Fernsehverbotsdrohungen aus den kleinen Hirnen presst. Von der „Gesunden Jause“, die man jedes Semester für alle anderen Kinder der Klasse zubereiten muss und deswegen um 06.30 Uhr morgens vor der Arbeit noch lustige Paprika-Gesichter legt. Oder von den 3.738 verlorenen Bleistiften, Handschuhen, Patschen und Linealen, die man wie ein trottelhafter Schreibwaren-Sisyphus immer und immer wieder nachkauft.
Wovon ich spreche, sind die gefürchteten letzten beiden Wochen vor den Sommerferien (wahlweise auch vor den Weihnachtsferien). Genau dann, wenn in deinem „echten“ Job sämtliche Kunden gleichzeitig auf die Idee kommen, alle wichtigen Projekte noch abzuschließen, bevor Helga aus der Buchhaltung auf Urlaub geht, werden auch in der Schule die Daumenschrauben kräftig angezogen.
Ironischerweise passiert das, damit deine Kinder in den 14 Tagen vor Ferien nicht mehr so viel Stress haben. Den hast dafür dann nämlich du. Kurz vor Ferienbeginn trudeln die Elternbriefe mit Ankündigungen jeder Art ein. Und auch wenn du diese verfluchst: Eigentlich gehörst du zu den Glücklichen, wenn du diese überhaupt bekommst.
Denn ich möchte hier keine Namen nennen, aber MANCHE Kinder neigen dazu, wichtige Termine, Infozettel und Aufgaben nicht gerade mit viel zeitlichem Spielraum zu Hause abzugeben. Sprich: abends um halb 10 fällt deinen Liebling siedend heiß ein, dass er morgen für die Schule UNBEDINGT noch ein weißes T-Shirt/ein leeres Marmeladeglas/ein Presspanplatte braucht. Und nachdem du als engagierte Supermom natürlich nicht willst, dass dein jetzt schon schluchzendes Kind das EINZIGE ist, das morgen nicht mitbasteln/turnen/malen kann (was es nicht ist, weil alle anderen Kinder auch vergessen haben, rechtzeitig zu Hause Bescheid zu geben), versuchst du noch alle Hebel in Bewegung zu setzen und das Unmögliche möglich zu machen. Nachbarn werden aus dem Bett geläutet, Amazon-Prime-Eillieferung getätigt und die Kellerbestände des Hauses nach Bastelutensilien durchforstet.
Vielleicht sollte ich solche Momente einfach als schöne Familienzeit sehen. Schließlich waren wir das letzte Mal alle gemeinsam mit Feuereifer bei der Sache, als mein Jüngerer 15 Minuten vor Schlafenszeit verkündete, dass er am nächsten Tag vier leere Klopapierrollen brauchen würde. Wickel, wickel, wickel – was haben wir dabei gelacht!
Hat man gleich zwei Kinder in der Volkschule, potenziert sich das Ganze auf höchst nicht lustige Weise. Manchmal kommt man sich dabei vor wie in einem Computerspiel. Morgen braucht Kind 1 keine Schultasche, dafür Badesachen/5 blaue Blätter in DIN A3/eine Küchenwaage und Kind 2 keine Jause/dafür eine Schultasche/eine Becherlupe. Dass davon dann wieder nur die Hälfte wieder nach Hause kommt und du in den nächsten Wochen deine Kuchenzutaten mit der Pi-mal-Daumen-Methode abwiegen wirst, sei hier nur nebenbei erwähnt. Dafür kommen jeden Tag große Taschen an Schulbüchern, Turnsackerln, Malschachteln und wunderschönen Kunstwerken nach Hause, bei denen du keine Ahnung hast, wohin damit.
Obwohl das mit der Küchenwaage insofern doch nicht ganz nebensächlich ist, weil du in den zwei Wochen mit Sicherheit zumindest für ein Schulbuffet eingeteilt sein wirst. ABC-Fest, Abschlussfest, Schlag-mich-tot-Fest – all diese wunderbaren Festivitäten wollen nämlich von fleißigen Mamas kulinarisch bestückt werden. Ehrensache, dass du das nach deinem „echten“ Job noch mit bester Laune in Angriff nimmst und dich dafür mit den anderen Mamas in der Schul-WhatsApp-Gruppe fröhlich abstimmst. Das hat den Vorteil, dass du dich gleichzeitig mit der Frage, wer denn jetzt Nudelsalat und Pokemon-Muffins mitbringt, auch gleich dazu koordinieren kannst, welches Abschiedsgeschenk ihr welchem Lehrer und welcher Hort-Betreuerin kauft und wer es noch besorgen kann (kleiner Spoiler: du)!
Und habe ich schon erwähnt, dass für den Museumsbesuch, den Ausflug ins Freibad und den Wandertag jeweils noch motivierte Mamis als Begleitung gesucht werden – denn sonst kann der Ausflug leider nicht stattfinden und das willst du doch nicht, oder?!
Also bäckst und bastelst und organisierts und dekorierst und Amazon-Prime-bestellst du in den letzten zwei Wochen vor den Ferien wie die eierlegende Wollmilchsaumama. Aber wer weiß, vielleicht hast du ja Glück und dein Kind kommt heute Abend noch drauf, dass es morgen in der Schule unbedingt drei leere Prosecco-Flaschen braucht …