Mittwoch, 16. Mai 2018

Winter ade, scheiden tut nicht weh

Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr mir dieser Winter gestohlen bleiben kann! Zugegeben, ein richtiger Winterfan war ich noch nie. Ja sicher, wenn es zu Weihnachten weiße Flöckchen rieselt und der Pulverschnee auf den Wiesen glitzert, finde ich das auch schön.

Aber ganz ehrlich: Wenn mein Tag schon damit beginnt, dass ich beim ersten Schritt aus der Haustür halb auf einer Eisplatte ausrutsche, mir der graue Matsch oben in die Stiefel rinnt und ich mir beim Autoabscheren mit meinem Werbegeschenk-Eiskratzer das Kreuz verreiße, kann ich all dem nichts mehr abgewinnen.

Und seit ich Kinder habe, bin ich vom Winter-Nicht-Haben-Müsser zum absoluten Winterhasser mutiert. Ich weiß, das darf man ja eigentlich gar nicht laut sagen. Man kann im Winter doch so viele tolle Sachen mit den Kids machen! Rodeln! Skifahren! Iglu bauen! Und ja, ich hatte mir früher auch vorgestellt, wie schön so ein Winter mit kleinen Zwergen sein müsste. Mit roten Apfelbäckchen sah ich uns gemeinsam durch den Schnee toben, mannshohe Schneemänner bauen und den Schneeflocken hinterherjagen.

Die Realität sieht bei uns aber leider so aus, dass meistens mindestens zwei von drei Beteiligten die Nerven schon weggeschmissen haben, bevor wir überhaupt das Haus verlassen. Ich hätte es ehrlich nie für möglich gehalten, was für schweißtreibende Arbeit es bedeutet, einen 1-Jährigen, einen 3-Jährigen und sich selbst in passende Winterkleidung zu quetschen. Wo fängt man dabei überhaupt an?? Zuerst sich selbst verpacken, damit man nur noch die Haustüre aufreißen muss, wenn beide Kinder endlich fertig sind – und dafür wie ein Michelin-Männchen daran scheitern, die Kleinen in die Handschuhe zu bugsieren? Oder zuerst die Kinder anziehen, die dann weinend darauf warten müssen, bis auch Mama endlich den Knopf von der alten Skihose zubekommen hat?

Egal, für welche Variante ich mich entscheide – ich bin regelmäßig schweißgebadet, wenn ich eine gefühlte Stunde später endlich beide Kinder in Skihose, Skijacke, Stiefel, Schal, Handschuhe und Mütze gepackt habe. Irgendwie hat das ganze Szenario ein bisschen was von Schokolade-Schneiden am Kindergeburtstag: Während man den einen anzieht, zieht sich der andere schon wieder die Eisbärenhaube vom Kopf und hat man selber endlich das letzte Teil des wenig schmeichelhaften Schnee-Outfits übergeworfen, würfelt auch schon jemand einen Sechser – bzw. pfeffert in unserem Szenario in die Windel und alle Beteiligten können sich wieder ausziehen…

Draußen will sich der Spaß dann auch nur tröpfchenweise einstellen. Juhu, ein Schneehaufen! Patsch, der 1-Jährige fällt dank der nicht vorhandenen Flexibilität seines gigantischen Astronauten-Skianzugs Gesicht voran hinein und fängt bitterlich zu weinen an. Die Schneeschaufel kann er wegen der klobigen Handschuhe nicht greifen – Heulkrampf Nummer 216. Dem Großen rutscht inzwischen zum 100. Mal die Schneehose das Wadl rauf und eine regelrechte Lawine ergießt sich von oben in seine Stiefel. Dazwischen ziehe ich mir im Minutentakt die eigenen Handschuhe an und wieder aus, um abwechselnd jeweils einem Kind die verdammten Fäustlinge wieder anzuziehen, die sie bei jeder Bewegung verlieren.

Nach gefühlten Stunden, die auf der Uhr in Wahrheit nur 20-30 Minuten waren, geben wir auf und flüchten nach drinnen zu einer Tasse heißem Kakao. Die Skiklamotten zum Trocknen aufzuhängen und den Boden von den mit nach drinnen getragenen Schneepfützen zu säubern, dauert eindeutig länger als unser ganzer lustiger Schneeausflug…

Was mir an diesem Winter aber so richtig, richtig gestohlen bleiben kann, sind die Killerviren, die er uns dieses Jahr beschert hat. Seit das Thermometer zum ersten Mal die 10-Grad-Marke unterschritten hat, ist immer mindestens einer von uns krank. Andauernd. Immer. Kaum ist der eine wieder fit, fängt der nächste an, zu husten – und bei jeder 3. Runde machen alle anderen auch noch mit.

Ich spare mir jetzt die Beschreibung der Szenen, die sich abspielen, wenn alle vier Familienmitglieder gleichzeitig krank sind – jeder, der es schon mal erlebt hat, weiß, wie knapp man an einem Nervenzusammenbruch vorbeischlittert…

Es ist aber auch schon schlimm genug, wenn nur die Kinder krank sind. Als Mama wechselt man den ganzen Tag zwischen Wärmflaschen-Tröster und Super-Animateur, ist dabei von oben bis unten in Kinderrotz geduscht, und rotiert nachts zwischen zwei Betten mit bitterlich weinenden Fieberzwergen.

Das Schlimmste daran ist die absolute Hilflosigkeit, die man dabei empfindet. Egal wie viele feuchte Tücher man im Kinderzimmer aufhängt, wie hoch man den Kinderpolster noch drapiert, gleichgültig wie viele Salven Nasenspray und Kinderschmerzmittel man den Kleinen reinpfeift – in Wahrheit dauert die Erkältung eben so lange, wie eine Erkältung dauert.

Ist es keine Erkältung, sondern für ein bisschen extra Spaß sogar noch eine Mittelohrentzündung, Angina oder – Jackpot! – die echte Grippe, kann man sich sicher sein, dass diese genau dann den „Also jetzt müssen wir aber wirklich doch zum Arzt!“-Punkt erreicht, wenn der letzte Kinderarzt für diese Woche seine Pforten geschlossen hat. Dann heißt es wieder mal: Auf zum lustigen Wochenendausflug in die Kinderambulanz! Was kann es an einem Samstagabend schließlich Schöneres geben, als drei Stunden im Wartebereich zu verbringen, nur damit anschließend ein gefühlt 12-jähriger Assistenzarzt neben einem erst zu googeln anfängt, welches Antibiotikum man Kindern überhaupt so geben darf?

Ich weiß, dass es diesen Winter vielen ähnlich gegangen ist. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Mamas nur zwei Stunden Schlaf pro Nacht bekommen haben, weil sie dem kranken Kind stattdessen nasse Waschlappen auf die heiße Stirn gedrückt haben. Wie viele Papas in den letzten Monaten mit ihren Kindern ein wahres Wrestling-Match aufgeführt haben, um ihnen zumindest einen Milliliter Antibiotikum in das bombenfest zugepresste Mündchen zu drücken. Deshalb lasst uns jetzt doch bitte einfach alle gemeinsam einen Wunsch ins Universum schicken: Frühling, schwing gefälligst deinen Arsch hier her, aber ein bisschen pronto!

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