Montag, 9. September 2019

Bitte einmal Urlaub vom Urlaub - mit Kindern...

Flieg nach Mallorca, haben sie gesagt, das wird lustig, haben sie gesagt … Grundsätzlich bin ich ja ein großer Fan von Urlaub. Vielleicht ein etwas weniger großer Fan von Urlaub mit Kindern (worüber ich an anderer Stelle ja schon ausführlich berichtet habe), aber immer noch Fan. Doch dann erlebt man immer wieder mal diesen einen Urlaub, bei dem einfach alles schief geht. Bei dem man danach noch viel urlaubsreifer ist als man es davor war.


Und genau von dem erzähle ich euch jetzt. Einerseits zu Zwecken der Selbsttherapie – vor allem aber für alle Mamas, die dieses Jahr vielleicht auch einen Urlaub erlebt haben, in dem sie mehr an ihren grauen Haaren als an ihrer Urlaubsbräune gearbeitet haben.

Grundsätzlich dachte ich ja, dass wir urlaubsmäßig aus dem Gröbsten raus sind. Mit einem Fünf- und einem Dreijährigen sind zumindest Probleme wie „Wann/wie/wo soll das Kind nur seinen Mittagsschlaf machen?“ oder „Warum fliegt der Schnuller immer genau in den Sand?“ (obwohl, ersetze „Schnuller“ durch „Eiskugel“ und du hast dasselbe Drama) nicht mehr allzu relevant. Ich hatte jedoch nicht mit der neuen Art von Urlaubs-Challenges gerechnet, mit denen ich es diesmal zu tun haben sollte.

Vielleicht lag es auch daran, dass wir uns als Urlaubsziel das allseits beliebte Mallorca ausgesucht hatten. Ich konnte mir bis dato unter der Insel nicht viel anderes vorstellen als Sangria aus Kübeln und Jürgen Drews, aber genügend Freunde hatten mir glaubhaft versichert, dass es abseits vom Ballermann ein wunderschönes Fleckchen Erde sein sollte. Und ein kurzer Vergleich der Flugpreise machte es schnell klar: Dieses Jahr ging es – olé, olé – nach Malle.

Die ersten Wolken am Urlaubshimmel zogen jedoch bereits auf, bevor wir überhaupt auf der Insel eintreffen sollten. Pünktlich am Vorabend des Fluges wurde nämlich der liebe Göttergatte krank. Vollgepumpt mit der gesamten Palette an Aspirin-Produkten quälte dieser sich zwar trotzdem am nächsten Tag zum Flughafen, das Bespaßungsprogramm für die Jungs lag aber erst mal ganz und gar in meiner Hand.

Und ich könnte euch jetzt erzählen, wie es ist, zwei unter 6-Jährige mit einem Stapel Pixibüchern und einer Tüte Gummibärli bei Laune zu halten, wenn bereits angeschnallt im Flieger statt der Durchsage „Ready for take-off“ eine mindestens 30-minütige Verspätung verkündet wird. Oder welchen Spaß es macht, wenn dann am Zielort am Gepäckband, bei der Autovermietung und beim Hotel-Check-in alles schief geht. Stattdessen möchte ich euch stellvertretend von unserem ersten Tag auf Mallorca erzählen.

Während der Göttergatte nach dem mit zwei Kleinkindern natürlich unglaublich entspannten Buffet-Frühstück („Jetzt will ich Nutella! Jetzt mag ich Kuchen! Saft, ich will jetzt Apfelsaft!!“) wieder zurück ins Krankenbett wanderte, versuchte ich, die Urlaubslaune hoch zu halten. So ein Tag allein mit den Jungs am Pool, was sollte da schon groß dabei sein?

Dass die Sache nicht ganz so spaßig und relaxed werden würde, wie ich mir das in meinen „Mutti allein im Urlaub“-Plänen vorgestellt hatte, merkte ich allerdings schon auf dem Weg zum Pool. Kennt ihr das eigentlich, wenn ihr euch vollbepackt mit einer Badetasche so groß wie ein Kleinwagen und links und rechts ein Sortiment an Schwimmflügeln, aufblasbaren Gummikrokodilen und Jausenrucksäcken balancierend vorantastet, plötzlich partout auch noch beide Kinder (die das sonst wie die Pest hassen) „Haaand geben!“ wollen??!

In einer wackeligen Polonaise, halb Kind, halb Krokodil, halb Wasserball schafften wir es irgendwie trotzdem ans verlockende Nass. Nur um dort festzustellen, dass wir definitiv bereits vor 07.00 Uhr hätten aufstehen müssen, um dort noch eine Liege zu ergattern. So weit das Auge reichte, waren sämtliche Liegestätten mit Handtüchern, aufblasbaren Schwimminseln oder auch einfach nur einem Paar Flip-Flops reserviert – genau wie in meinen schlimmsten Malle-Albträumen. Nicht, dass ich nicht locker dasselbe hätte tun können, schließlich verstehen meine Kinder auch im Urlaub das Konzept des Ausschlafens nicht, aber ich werde VERDAMMT NOCH MAL NIEMALS SO TIEF SINKEN, MIR UM 05.30 UHR EINE POOL-LIEGE ZU RESERVIEREN!!!

Wie durch ein Wunder erspähte ich dann doch noch eine Liege, von der der Reservier-Schwimmreifen halb runtergerutscht war – für mich die perfekte Ausrede, sie mir knallhart anzueignen. Dass die Liege in der prallen Sonne lag und darauf eigentlich nur ein halber Kinderhintern Platz hatte, war mir in dem Moment denkbar wurscht. Mit letzter Kraft trötete ich die Schwimmflügel auf, quetschte sie an das nächstbeste Kinderkörperteil und warf mich und beide Jungs ins Wasser. Umgeben von 3.000 arschbombenden Kindern genoss ich so die absolute Urlaubsidylle – bis mein Großer verkündete, er müsse jetzt und sofort Lulu.

Da ich ihn ja unmöglich in den Pool pinkeln lassen wollte (Ok, ich geb’s zu! Ich hab gesagt, er soll einfach reinpieseln, aber es geht ja nicht in seinen Schädel, dass sich im Becken die Badehose runterzuziehen und sein bestes Stück rauszuholen, nicht das ist, was ich mit „unauffällig“ meine …), hieß es für die gesamte Mannschaft also raus aus dem Becken und im Dreiermarsch ab auf das wenig charmante öffentliche Klo.

Zurück von der Klo-Expedition versuchte ich, die Gunst der Stunde zu nützen, und die Jungs zumindest mal für 10 Minuten zu einer Schwimm-Pause zu überreden. Also quälte ich mich mit dem Großen durch ein Rätselheft, während ich den Kleinen mit einer Packung Butterkekse ruhigstellte.

Und ja, ich gebe zu, ich habe dabei möglicherweise nicht so ganz genau darauf geachtet, wie viele er davon in sich hineingeschaufelt hat, während ich diesen verdammten letzten Fehler im Bauernhof-Suchbild suchte. Definitiv dürfte es aber mindestens eines zu viel gewesen sein. Was ich leider erst bemerkte, als Nico beim nächsten Sprung in den Pool eine zielgerichtete Kotze-Fontäne aus Butterkeksbrei von sich gab.

Während ich die Speibe mit beiden Händen auffing (echt jetzt) und unauffällig versuchte, sie in der Zierpflanze am Poolrand zu entsorgen, damit den anderen Mamas die verdächtigen gelblichen Schlieren nicht auffielen, die von meinem Kind aus durchs Wasser zogen, zerstörte Noah natürlich meine Strategie mit einem sirenenmäßig lauten „Wääääh, Mama, der Nico speiiiiibt!!“.

Bereits jetzt war mein Stresslevel statt im Urlaubs-Relax-Bereich im Ich-geb-mir-gleich-die-Kugel-Bereich und ich verfluchte mich dafür, dass ich jemals die blöde Idee gehabt hatte, auf Urlaub zu fahren. Es hätte mich auch nicht überrascht, wenn mich in dem Moment jemand angesprochen hätte, ob ich nicht die Hauptrolle in der nächsten ATV-Doku über überforderte Mütter spielen wollte.

Selbst in der wäre allerdings vermutlich die Szene rausgeschnitten worden, als ich keine zehn Minuten später versuchte, ganz dezent ein braun triefendes Kind aus dem Pool zu ziehen. Ich sage nur: Schwimmwindel-Gack. Betroffene wissen, was das bedeutet. Und was soll ich sagen, auch jetzt handelte ich in meiner Solo-Mama-Verzweiflung äußerst ATV-mäßig. Ohne Wickeltisch erschien mir die Wahl zwischen „braunes Kind in der öffentlichen Dusche abspülen und mit der Sch… den Abfluss verstopfen“ und „im öffentlichen Klo am Boden das Kind wickeln“ wie die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Deshalb zog ich dem fröhlich stinkenden Kind heimlich im winzigen Schatten unserer Liege die besudelte Windel aus, wischte die bräunlichen Wasserpfützen notdürftig unter die Nachbarliege und warf das Kind mit einer neuen Schwimmwindel einfach wieder in den Pool.

Mir ist klar, dass jetzt wahrscheinlich nie wieder jemand mit mir auf Urlaub fahren will. Wahrscheinlich nicht einmal mein Mann, dem ich zurück im Hotelzimmer verkündete, dass die Jungs und ich einen ganz fantastischen, super relaxten Tag am Pool verbracht hatten …

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