Freitag, 16. April 2021

Mama ist auch nur ein Mensch

Als Kind habe ich mich im Fasching am liebsten als Katze verkleidet. Manchmal auch als Marienkäfer oder als Prinzessin. Was ich nie sein wollte: Superman. Auch nicht Batman, Wonder Woman oder Spiderman. Kurz gesagt: Ich wollte nie ein Superheld sein.

Vielleicht fällt es mir auch deshalb so schwer, mich heute in diese Rolle einzufinden. Denn meine Kinder gehen ganz offensichtlich davon aus, dass ich, wenn schon keine Eier legende Wollmilchsau, dann zumindest Supergirl bin. Allzeit bereit, den Unterdrückten (meinen Jungs) beizustehen und ihnen zu jeder Tages- und Nachtzeit milde lächelnd durch sämtliche Krisen zu helfen (dass zum Beispiel die Gummibärli leer sind).

Versteht mich nicht falsch: Es ist schön, gebraucht zu werden. Es ist toll, dass meine geliebten Kinder von mir (noch) denken, ich könnte nicht nur das Gummibärli-Problem, sondern auch gleich Corona und den Klimawandel eigenhändig in der Mittagspause aus der Welt schaffen.

Nur, leider: Supermom I am not. Ich bin weit entfernt vom Superhelden-Dasein. Ich bin leider ganz und gar menschlich. Ich habe weder Superkräfte, noch acht Arme (Gott, wäre das oft praktisch!), noch kann ich mich vierteilen – und leider auch nicht Corona heilen. Stattdessen habe ich wie jeder Mensch meine Schwächen und Fehler, bin manchmal (ok, oft) schlecht gelaunt, genervt, müde …

Die Frage ist: Darf man das als Mama? Einerseits bin ich der Meinung, dass meine Jungs lernen sollen, dass Mama und Papa auch mal Fehler machen und auch nicht immer gut drauf sind. Andererseits habe ich sofort wieder ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie wegen einer Kleinigkeit ankeife, nur weil ich müde und grantig bin.

In Wahrheit möchte man für die Kinder ja die Supermama sein, die immer lacht, Zeit zum Spielen hat und jedes Problem mit Humor nimmt. Und ehrlich, ich gebe jeden Tag mein Bestes, um das für meine Jungs zu sein. Aber jeden Tag aufs Neue stoße ich dabei auch wieder an meine Grenzen.

Oft braucht es dazu noch nicht mal ein Problem. An manchen Tagen reicht mir schon die reine "Rufbereitschaft". Wie so viele Familien verbringen wir seit mehr als einem Jahr sehr viel Zeit zu Hause – mehr als uns oft lieb ist. Home Schooling, Quarantäne, Vorsichtsmaßnahmen – seit Corona hocken wir gefühlt aufeinander wie die Hennen in der Legebatterie. Zeit für sich selbst bleibt da denkbar wenig. Und in Kombination mit der Kunst der absoluten Vereinnahmung, die kleine Kinder so an sich haben, wird Supermom das einfach oft zu viel.

Dabei sind meine Jungs gar nicht mehr so klein, dass sie mir bis aufs Klo nachrennen und dort enthusiastisch jeden Vorgang kommentieren. Sie sind aber nach wie vor der Meinung, dass Mama keiner ihrer wichtigen Gedanken, die sie an einem langen Tag so haben, entgehen sollte. Und das sind sehr viele! Mama, schau mal, ich hab meinem Playmobil-Manderl eine neue Frisur aufgesetzt! Mama, schau mal, was ich für eine lustige Grimasse schneiden kann! Mama, ich hab Hunger! Mama, mir ist faaad! Mama, Maaamma …! Müsste ich für jedes "Mama!" am Tag ein Stamperl Nussschnaps trinken, hätte ich an manchen Tagen schon zu Mittag eine schwere Alkoholvergiftung.

Ich schau mir ja auch wirklich gerne ihre Grimassen an. Und ihre Playmobil-Manderl. Und ich liefere Snacks in einer Frequenz wie im Running-Sushi-Restaurant. Aber irgendwann will ich auch mal einfach fünf Minuten meine heilige Ruhe!

Dieses Konzept konnte ich meinen Jungs leider bisher allerdings nur unzureichend vermitteln. Kennt ihr das, wenn ihr nur EINEN Schluck eures Kaffees in Ruhe trinken wollt, damit ihr morgens vom kompletten Zombie zum halbwegs menschlichen Wesen werdet? Bevor eure Lippen aber auch nur einmal den Tassenrand berühren, müsst ihr im Akkord Butterbrote streichen, den Inhalt umgefallener Gläser aufwischen, runtergefallene Semmeln aufheben und tieffliegenden Marmeladegeschoßen ausweichen?

Oder wenn ihr euch abends nur zehn Minuten in die Badewanne legen wollt, weil jetzt der Papa übernehmen kann? Und während ihr euch noch denkt: "Das ist der Himmel auf Erden, wer braucht schon ein Thermenwochenende?", wird schon die Tür aufgerissen und zwei halbnackte Kinder arschbomben mit dem Kampfschrei "Toll, Mama, du liegst ja in der Badewanne, da kommen wir auch rein!" zu dir ins Schaumbad.

In solchen Situationen platzt mir an schlechten Tagen leider regelmäßig der Kragen. Und während ich noch explodiere und die lieben Kleinen anbrülle, dass Mama jetzt FÜNF MINUTEN IHRE RUHE BRAUCHT, sehe ich schon, wie ich ihnen wieder mal erfolgreich das eben noch breite Grinsen aus dem Gesicht gewischt habe und die Unterlippe zu zittern beginnt. Bravo, Supermom, toll gemacht!

In solchen Situationen nehme ich mir immer vor, es am nächsten Tag besser zu machen. Auch bei dem 642. "Maaaama!" des Tages noch ein offenes Ohr zu haben. Nicht auszuflippen, weil sie eben gern in meiner Nähe sein und ihre Gedanken mit mir teilen wollen (auch wenn die sich nur um Lego-Dinos und Pfurzkissen drehen).

So richtig geklappt hat das bis jetzt noch nicht. Denn leider ist Mama eben auch nur ein Mensch. Oder vielleicht doch ein Superheld? Der unglaubliche Hulk würde mir da noch einfallen, der sich regelmäßig so aufregt, dass er grün anläuft …

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