Sonntag, 9. Juli 2017

Die perfekte Mutter gibt's nicht!

"Die perfekte Mutter gibts nicht!" - Das sagen nur Mütter, die sich nicht ausreichend anstrengen wollen, dachten wir. Und dann war es soweit und wir sind dagesessen und haben uns gefragt: „Wo genau hab ich eigentlich die Abzweigung ins pure Babyglück verpasst“? Wir hatten uns doch vorgestellt, den Zwerg im Arm zu halten und vor lauter Glück gar nicht mehr zu wissen, wohin damit! Hat einem nicht jeder immer und immer wieder suggeriert, dass es so und nicht anders sein würde?

Heißt es, dass man an einer ausgewachsenen Wochenbettdepression leidet, wenn man sich nur wenige Tage nach der Geburt wünscht, dem Zalando-Boten das Packerl mit der kleinen Kratzbürste wieder mitgeben zu können, versandkostenfrei versteht sich? Geht man auf direktem Weg in die Hölle der Rabenmütter, wenn man sich beim Anblick jeder sich frei bewegenden Frau auf der Straße denkt: „Warum hat die da eigentlich das Recht, so frei und ungebunden rumzulaufen, während ich mit dem Maxi Cosi quasi verwachsen bin“?

Und warum ist es so unsagbar schwer, solche Dinge einfach mal offen auszusprechen? Warum vernimmt man fast unweigerlich auch in der Mimik der allerallerbesten Freundin ein subtiles irritiertes Zucken, wenn man nicht vor Euphorie ganz hingerissen ist, sondern vielleicht gerade mit einem Anflug von Panik festgestellt hat, dass das Baby manchmal, wenn man genau hinsieht, eher der Schwiegermutter ähnelt, obwohl es doch für einen selbst das allerschönste Baby der Welt sein sollte?

Und warum wird man von allen Seiten schief angeschaut, wenn auf jede kleine, unangenehme Wahrheit nicht prompt der Nachsatz folgt, dass man ja eh soo viel zurück bekommt?
Warum werden Mütter schief angeschaut, wenn sie auch unangenehme Wahrheiten aussprechen?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ja, wir lieben unsere Kinder. Wir sind unendlich dankbar, dass sie gesund und munter sind und wir wissen auch, dass uns damit ein unglaublich großes Glück geschenkt wurde.

Nichtsdestotrotz reichen beide Hände nicht aus, um jene Tage abzuzählen, an denen wir wegen ihnen durch die Hölle gegangen sind. Und damit meinen wir nicht mal einen kurzen Anflug von Genervtheit, sondern ehrliche, wirkliche Verzweiflung. Den schreienden Wunsch, aus dem Haus zu laufen, sich ins nächste Flugzeug zu setzen und einfach alles für immer hinter sich zu lassen.

Besonders schlimm ist es dann, wenn man einem „absoluten Muttertier“ in freier Wildbahn begegnet. Ein seltenes Exemplar, das völlig aufzugehen scheint in ihrer Rolle, als hätte das Leben nie etwas anderes mit ihr vorgehabt, als wäre es ihre einzige und erfüllende Bestimmung, den lieben Kleinen den Gatsch aus dem Nacken zu kratzen, wenn die auslaufsicherste Windel am Markt doch versagt hat. Mit einem besonnenen Lächeln meistert sie die Situation spielerisch, schaut dabei aus, wie aus dem Katalog bestellt.

Und während man noch mit offenem Mund staunt und grün anläuft vor Neid, erklärt sie einem, dass sie schon um sechs Uhr morgens barfuß durch den Morgentau gelaufen ist, um Babykarotten für den Frühstücksbiobrei zu ernten, nicht ohne davor ihren attraktiven Mann geküsst oder mehr zu haben. Natürlich hat sie nur pädagogisch wertvolles Holzspielzeug daheim und ihr Kind in nichts anderem als einem nachhaltig produzierten Fair-Trade-Tuch getragen. Dass die lieben Kleinen nur schonend gedämpfte Rosinchen snacken und schon die ersten Worte Japanisch oder so ähnlich sprechen versteht sich dabei fast von selbst...

Naja zumindest kommt es einem so vor, wenn man sie reden hört, diese Supermütter. Wenn man aber ein ganz klein wenig hinter die Fassade guckt, findet man oft schneller als einem lieb ist heraus, dass auch hier nicht immer alles eitle Wonne ist. Auch diese Mummies sind schon mal mit angespuckter Jogginghose und fettigen Haaren in einer Wohnung gesessen, die aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen, und haben das Kleine schon mal mittels SAB-Tropfen in den Schlaf gebeamt, um schnell leise in die Dusche zu hüpfen, weil einem vom eigenen Mief schon schlecht wurde, aber zwischen Windelwechseln und Dauerstillen einfach keine Zeit blieb.

Mit einem Satz: Es geht uns allen so! Und für mich ist nichts tröstlicher, als die Gewissheit, nicht allein zu sein. Wir alle haben diese Momente der Verzweiflung, aber das ist ja gerade das Schöne am Muttersein. Es geht immer irgendwie und wenn man das alles halbwegs schafft, kann einem keiner mehr was!

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